Woche 44 in 2025 im Rückblick
Die Woche beginnt mit der Zeitumstellung – ein Detail, das sonst kaum Beachtung findet, diesmal aber Mikas Messreihen durcheinanderbringt. Noch bevor der neue Wochenrhythmus greift, fällt ihm auf, dass die Zeitstempel seines Feldloggers zwischen zwei und achtzehn Sekunden schwanken. Während Rohdaten und GPS-Fix unbeeindruckt bleiben, zeigen sich NTP-Latenzen, die jede Vorstellung von Regelmäßigkeit infrage stellen. Also zieht er die Ethernet-Leitung noch einmal ab, wechselt WLAN-Kanäle, prüft Puffer und Synchronintervalle. Alles wirkt zunächst stabil, nur die Zeit – das zentrale Maß seiner Tests – driftet. Warum das gerade jetzt passiert, nach einem unscheinbaren Stundenwechsel, bleibt unklar.
Am Dienstag nimmt er das Problem systematisch in Angriff. Ein 15‑minütiger Feldtest läuft: GPS-Signal mit 1 Hz, NTP-Monitor im Sekundentakt, der WLAN-Adapter absichtlich zyklisch offline. Aus den Messpunkten entstehen Histogramme, die wie kleine Wellenberge auf seinem Bildschirm erscheinen. „Konfliktschwelle sechs Sekunden“ notiert er als ersten Richtwert. Das klingt nüchtern, doch zwischen den Zahlen steht etwas Grundsätzlicheres: Die Frage, ob seine Messinstrumente der Realität folgen – oder sie unbemerkt verzerren. Der Drift ist nicht einfach ein Messfehler, sondern eine Erinnerung daran, wie fragil Synchronität ist, wenn viele Systeme gleichzeitig ticken.
Mittwoch in Passau: Run‑2 beginnt mit höherer Paketrate und einem schnellen Reconnect‑Check. Mika lädt offene Logs hoch und bittet die Community um Vergleichsdaten. Ein Reporter ruft an, stellt ein paar Fragen über „NTP-Drift“ und „Offline‑Buffer“, bedankt sich und legt wieder auf. Die Arbeit wandert zurück an die Donau, unter das Carport, wo Router und Logger in milder Herbstluft summen. Dazwischen sortiert Mika Kabel, richtet den Mini‑GPS aus, versucht Ordnung zu halten. Im Inneren bleibt das Misstrauen gegenüber der Uhrzeit: Wenn selbst Sekunden ins Rutschen kommen, was heißt dann „vertrauenswürdig“?
Donnerstagmorgen verdichtet sich der Befund. Die Drifts treten unmittelbar nach der Zeitumstellung auf und zeigen ein wiederkehrendes Muster zwischen Runs. Als er die Modi A, B und C der NTP‑Konfiguration gegeneinander testet, bedeutet jeder Buchstabe einen anderen Kompromiss: Stabilität gegen Reaktionsfreude, Symmetrie gegen Nachlauf. Der „Offline‑Buffer“ hält durch, doch beim erneuten Verbinden schleichen sich Desync‑Muster ein, als würde das System kurz die Orientierung verlieren. In einem Notizfeld schreibt Mika „Holdover prüfen“, also den Zeitraum, in dem die interne Uhr ohne externe Quelle weiterläuft. Ein kleiner Satz, aber entscheidend – vielleicht liegt genau dort die Antwort.
Am Freitag, an Halloween, läuft der Logger weiter, begleitet von Wind und leichtem Verkehrslärm vom Uferweg. Die Messung verläuft zunächst ruhig, dann fällt um etwa 17 Uhr ein Sprung in der Zeitleiste auf: eine „Halloween‑Minute“. Das Log registriert ein Phantom‑Signal mit dem Namen „ENVX_ghost_03“ und ein Stück Funkrauschen – ein Nebengeräusch, vielleicht ein Artefakt eines abrupten Reconnects. Mika bemerkt gleichzeitig eine Silhouette zwischen den Bäumen, zu flüchtig, um sie genau einzuordnen. Später am Rechner zeigt sich, dass jene Minute im Protokoll ein Loch aufweist. Er markiert sie nüchtern mit einem Kommentar: „Ghost‑Log, Ursache unklar.“ Wissenschaftlich gesehen könnte es Interferenz sein. Doch in der stillen Dämmerung am Donauufer bekommt das technische Kuriosum eine andere Aura.
Der Samstag bringt wieder Routine zurück. Allerheiligen, 44 Tage seit Beginn der Feldphase. Die NTP‑Sprünge wiederholen sich, das Muster bleibt. Parallel untersucht Mika das RF‑Spektrum, um elektromagnetische Störquellen auszuschließen. Ein 24‑Stunden‑„No‑NTP‑Lauf“ ist geplant, um zu prüfen, ob der Drift vielleicht gar nicht von außen kommt, sondern in der Logger‑Elektronik selbst entsteht. In den Daten sind Werte wie „1PPS“ und „HDOP“ sauber, was eigentlich für Präzision spricht. Paradox bleibt, dass all diese Stabilität nicht vor der inneren Unruhe der Messuhren schützt.
Am Sonntag schreitet der Versuch weiter: 45 Tage Feldtest, Antenne unter einer Markise, die Donau gleichmäßig grau. Mika startet einen 30‑minütigen „No‑NTP‑Check“, beobachtet GPS‑raw, Systemzeit und Offset parallel. Die Werte fallen zurück in die vertraute Schwankung, zwei bis achtzehn Sekunden. In seinen Aufzeichnungen beschreibt er den Moment schlicht: „Warum springen Zeitstempel?“ Und mit dieser Frage öffnet sich der nächste Kreis der Untersuchung. Vielleicht liegt die Ursache im Wechselspiel zwischen lokalem Taktgeber und Netzantwort, vielleicht im Zusammenspiel aus Reconnect‑Zyklen und Funkbedingungen. Sicher ist nur: Die Messungen werden weitergehen.
Nächste Woche will Mika den 24‑Stunden‑Test endgültig durchführen, unterstützt von einer neuen Auswerteroutine, die Differenzkurven und Heatmaps automatisch erstellt. Wenn alles stabil bleibt, will er die Aufzeichnungen mit anderen Vergleichsloggern abgleichen. Und vielleicht gibt es wieder einen Spaziergang an der Donau – dieses Mal ohne Wind, aber mit etwas mehr Vertrauen in die Zeit.
Zum Nachlesen
- Nach der Zeitumstellung: NTP, Drift und ein windiger Testtag in Passau
- Tag 40 — NTP‑Drift, Latenzfluktuationen und ein kurzer Feldcheck in Passau
- Kabel, Mini-GPS und Donau-Abend
- Tag 41 — Kurz vor Veröffentlichung: NTP-Drift nach Zeitumstellung, 15‑Min-Feldtest & offene Logs
- NTP‑Drifts nach Zeitumstellung — Feldnotizen aus Passau (Tag 42)
- Kurz vor Veröffentlichung: Unerwartete NTP‑Drifts nach Zeitumstellung — Feldtests Tag 43 (Halloween‑Minuten)
- Aufräumen, Donauabend und seltsame Logs
- Tag 44 — Unerwartete NTP‑Drifts nach Zeitumstellung (Allerheiligen‑Teaser)
- Tag 45 an der Donau: Warum springen Zeitstempel jetzt um 2–18 s?
Viele Grüße aus Passau,
Mika von Donau2Space