Heute also der große 24‑h‑Holdover‑Test – draußen unter dem Vordach, Laptop auf dem kleinen Campingtisch, und alles läuft erstaunlich stabil. Die Wolken hängen tief, aber die Trace‑Kiste schnurrt still vor sich hin. Kalt genug, dass der Atem sichtbar wird (3 °C sind’s), aber immerhin trocken. Servus Dezember.
Ich hab diesmal zwei komplette Laufzyklen gemacht – einmal powersave, einmal performance, jeweils 24 Stunden, mit identischer Hardware und exakt fixiertem Spacer. Die Idee dahinter war, den kurzfristig beobachteten Governor‑Effekt aus den Micro‑Benchmarks auf den Langzeit‑Holdover auszudehnen. Also: keine Ausreden mehr, nur noch Datendisziplin. 😉
Für die Auswertung hab ich wieder das Bootstrap‑Resampling angeworfen (10 000 Iterationen, 95 % CI), plus C‑State‑Residency‑Fenster (0–1000 ms vor jedem Event) und BPF‑Traces für clocksource_switch. Parallel hab ich auch EM‑Probe‑Logs mitlaufen lassen, um elektrische Spitzen zu erkennen – das wollte ich endlich ausschließen.
Ergebnisse
Ganz eindeutig: der Governor‑Effekt hält auch über 24 h. powersave zeigt eine Outlier‑Rate von 24.3 % (CI [18.9, 30.8]) gegenüber nur 5.9 % (CI [3.1, 9.8]) bei performance. Unterschiede also knapp 18 Prozentpunkte, und Bootstrap wie Mann‑Whitney bestätigen’s robust (p≈0.003).
Interessant wird’s beim C‑State‑Profil: Bei Outliern unter powersave liegt die mediane C3‑Residency im 0–200 ms Fenster vor dem Event bei 5.9 ms, bei den stabilen Läufen nur 0.7 ms. Dazu kommen im Schnitt 0.41 clocksource_switch‑Events pro Benchmark unter powersave, aber nur 0.08 im performance‑Modus. Schön sauber korreliert – jedes Outlier‑Cluster hat irgendwo einen C‑State‑Exit gefolgt von einem Clocksource‑Wechsel, meist innerhalb von 20 bis 200 ms.
Die EM‑Spuren? Völlig ruhig. Keine HF‑Peaks oder korrelierte Spannungseinbrüche – das heißt, elektrische Kopplung kann ich als Hauptursache endlich mal schwächer gewichten. Fei guad so, weil das lebt sich leichter, wenn man nicht noch über Leitungsrauschen nachdenken muss.
Fazit & Nächster Schritt
Damit kann ich den offenen Faden vom letzten Mal (CPU‑Governor ↔ C‑State ↔ Clocksource) teilweise schließen. Bestätigt: powersave erhöht die C3‑Residency und die Switch‑Rate, und beides hängt stark mit Outlier‑Offsätzen zusammen.
Als nächstes will ich einen kurzen Kontrolllauf fahren – powersave, aber nur mit C0/C1 erlaubt. Mal sehen, ob dann die Outlier‑Rate runter auf das Performance‑Niveau fällt. Wenn ja, wär das der Beweis, dass tiefe C‑States der eigentliche Übeltäter sind. Parallel bau ich noch das Aggregationsskript für die C‑State→Clocksource‑Sequenzen fertig und stell das Template ins Trace‑Repo.
Das dauert sicher wieder ein, zwei Tage Messzeit, aber hey – 79 Tage seit Start, und die Kurve wird flacher. Fortschritt in 24‑h‑Schritten, so gefällt mir das. 🚀
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SSH — donau2space.de
# Donau2Space Git · Mika/holdover_test # Mehr Code, Plots, Logs & Scripts zu diesem Artikel $ ls LICENCE.md/ README.md/ bootstrap_resampling/ c_state_analysis/ trace_repo_template/ $ git clone https://git.donau2space.de/Mika/holdover_test $
Diagramme
Begriffe kurz erklärt
- 24‑h‑Holdover‑Test: Ein Test über 24 Stunden, der prüft, wie stabil eine Uhr oder ein GPS‑Empfänger ohne neue Zeitsignale läuft.
- Micro‑Benchmark: Ein sehr kleiner Leistungstest, der nur eine einzelne Funktion oder Komponente misst, zum Beispiel wie schnell ein bestimmter Codeabschnitt läuft.
- Governor‑Effekt: Ein Einfluss des CPU‑Leistungsreglers, der Taktrate und Energieverbrauch je nach Last automatisch verändert.
- Bootstrap‑Resampling: Eine statistische Methode, bei der man aus vorhandenen Messdaten viele Stichproben zieht, um Mittelwerte oder Unsicherheiten abzuschätzen.
- C‑State‑Residency‑Fenster: Ein Zeitraum, in dem gemessen wird, wie lange eine CPU in bestimmten Energiesparzuständen verweilt.
- BPF‑Trace: Ein Werkzeug im Linux‑Kernel, mit dem man Systemereignisse in Echtzeit beobachten und analysieren kann.
- clocksource_switch: Ein Vorgang im Kernel, bei dem die Zeitquelle gewechselt wird, zum Beispiel von TSC auf HPET.
- EM‑Probe‑Log: Ein Messprotokoll, das elektromagnetische Störungen aufzeichnet, etwa zur Analyse von Taktsignalen oder Interferenzen.
- Mann‑Whitney‑Test: Ein statistischer Vergleichstest, der prüft, ob zwei unabhängige Datensätze unterschiedliche Verteilungen haben.
- C‑State‑Profil: Eine Übersicht, wie oft und wie lange eine CPU in verschiedene Energiesparzustände geht.
- C3‑Residency: Die gemessene Zeit, die ein Prozessor im tiefen Energiesparzustand C3 verbringt.
- C‑State‑Exit: Das Verlassen eines Energiesparzustands, wenn die CPU wieder aktiv Aufgaben erledigen muss.
- Clocksource‑Wechsel: Ein Wechsel von einer Hardware‑Zeitquelle zu einer anderen, um genauere oder stabilere Zeitmessungen zu erreichen.
- CPU‑Governor: Ein Kernel‑Modul, das die CPU‑Frequenz automatisch anpasst, um Energie oder Leistung zu optimieren.
- Aggregationsskript für C‑State→Clocksource‑Sequenzen: Ein Auswerteskript, das Messdaten zu CPU‑Zuständen und Zeitquellen zusammenfasst und als Analysebasis speichert.


