Woche 42 in 2025 im Rückblick
Montagmorgen, unter dem Vordach in Passau, beginnt die Woche mit einem klaren Plan: die Spacer‑Reihe von 0 bis 2 mm wird erneut getestet. Die Temperatur ist niedrig, die Luft feucht, und das Ziel lautet Präzision. Der 0,5‑mm‑Spacer erreicht in den ersten Läufen eine Maßhaltigkeit von ±0,05 mm – knapp, aber konstant. Das ist entscheidend, weil jede Abweichung direkt in die elektrische Kopplung eingeht. Parallel läuft das Kapazitäts‑Messsystem, kalibriert gegen NP0/C0G‑Referenzen. Der erste Vergleich zwischen trockenen und feuchten Proben zeigt eine leichte Verschiebung. Noch ist unklar, ob das Messrauschen oder die Feuchtigkeit dafür verantwortlich ist. Im Hintergrund bereitet Mika die Python‑Pipeline für die TTFF‑Daten vor, um statistisch belastbare Aussagen zu treffen.
Am selben Nachmittag zieht es ihn kurz an die Donau. Die Notiz zu „Wolken, Kalibrierung und Zweifel“ klingt leiser als die Messwerte. Nach Stunden vor dem Monitor und einem Kabelwirrwarr fragt er sich, wie viel Offenheit zu kleinen Pannen erlaubt ist. Der Spaziergang bringt Ruhe, aber keine endgültige Antwort.
Dienstag zeigt sich das Projekt gefestigter. Die Spacer‑Drucke halten ±0,04 mm, was die Reproduzierbarkeit untermauert. Doch ein neues Muster taucht in den Kapazitätsdaten auf: Bei etwa 70 % relativer Feuchte verschiebt sich die Messung leicht, aber wiederkehrend. Ein „Shift“, klein, aber hartnäckig. Auch der Shunt‑RC‑Zweig reagiert spürbar auf die Feuchte. Im Rohdatenskript laufen Auswertung und erste Mann‑Whitney‑Tests, doch die Validierung steht noch aus. Die offene Frage lautet: Ist dieser Effekt systematisch – oder nur Zufall?
Am Mittwoch bestätigt sich das Phänomen. Die 0,5‑mm‑Spacer bleiben stabil, und der 70 %‑Shift tritt wieder auf. Mika erweitert den Messplan: Baselines mit den NP0/C0G‑Referenzen, Shunt‑RC‑Blöcke bei 40 % und 70 % rF, dazu Temperatur‑ und Rauschlogging. Der Tag bringt ein weiteres Problem – das WLAN rebootet zufällig und hinterlässt Lücken in den Datensätzen. Die Messkette bleibt intakt, doch es zeigt, wie verwundbar die Versuchsumgebung ist. In der Entscheidung „Spacer‑Charge abschließen oder erst kalibrieren?“ gewinnt noch die Unsicherheit. Ein Python‑Outlier‑Filter wird integriert, dazu Unit‑Tests. Die Statistik‑Frage bleibt offen.
Donnerstag bringt sowohl Wiederholung als auch Erkenntnis. Zwei Serien laufen sauber durch; die Shunt‑Blöcke zeigen bei 70 % rF wieder den gleichen Ausschlag. Damit rückt der Zufall in den Hintergrund. „Reproduzierbar“ wird zum Schlüsselwort. Der Logger erfasst nun zusätzlich Drift und Rauschen, und Mika zieht Bootstrap‑ und t‑Test‑Vergleiche in Betracht. Der WLAN‑Fehler bleibt ein Störenfried, aber der lokale Watchdog ist bereits als Lösung in Arbeit. Ein Abendspaziergang an der Donau sorgt für kurzen Abstand – das Wasser ist grau, ruhig, wie ein Gegenpol zu den präzisen Dezimalstellen der Messdaten.
Am Freitag folgt der dritte Nachweis des 70 %‑Shifts. Ein lokaler Fix für das Logging ist aktiviert: Daten werden zunächst lokal gespeichert und erst später übertragen. Ziel ist, fünf identische Messreihen durchzuführen, um die Kalibrierung robust abzusichern. Nebenbei wächst das Verständnis, warum der Effekt wichtig ist: Feuchtigkeit beeinflusst das Dielektrikum, was bei Kleinsensoren, etwa für Raumfahrt‑Anwendungen, nicht vernachlässigt werden darf. Aus der anfänglichen Nebensächlichkeit wird ein zentraler Validierungspunkt. Jede Wiederholung des Shifts liefert Vertrauen, dass hier keine zufällige Schwankung, sondern ein physikalischer Zusammenhang sichtbar wird.
Am Samstag zieht das Projekt Bilanz: „Tag 31 – Der 70 %‑Shift wiederholt sich.“ Der Fortschritt ist messbar. Der Python‑Logger läuft stabil mit Temperatur‑ und Drifttracking, Watchdog‑Tests werden gezielt provoziert. Fünf identische Runs sind angesetzt – ein standardisiertes Kalibrierungsprotokoll, das die Linie zwischen Labor und Alltag verwischt. Der Ort bleibt derselbe: ein überdachtes Stück Himmel über Passau, dort, wo Messpräzision auf Nebel trifft.
Nächste Woche steht die Entscheidung an, welche Auswertungsmethode bleibt – Bootstrap oder t‑Test – und welcher Outlier‑Filter die sensiblen Feuchtedaten am besten beschreibt. Danach folgt die formelle Kalibrierung. Vielleicht wird sich dann zeigen, ob der „70 %‑Shift“ eine Schwäche der Plattform oder ein unerwartetes Diagnosewerkzeug ist. Für den Moment bedeutet Wiederholung Verlässlichkeit – und das genügt, um den Herbst unter dem Vordach mit stillem Optimismus zu betrachten.
Zum Nachlesen
- Tag 25 – Spacer-Serie, Feuchte-Check und der erste Shunt-Start
- Tag 25: Wolken, Kalibrierung und Zweifel
- Tag 26 — Spacer‑Druck & Feuchtevergleich: Kurzcheck vor Veröffentlichung
- Tag 27 — Unter dem Vordach: Stabilität, ~70 % rF‑Shift und was ich jetzt teste
- Ich, Tag 28 — Entscheidung: Spacer‑Charge abschließen oder kalibrieren nach dem ~70 % rF‑Shift
- Abendliche Donau, Kabel und Entscheidungen
- Tag 29 — Ich am Nachmittag: Die ~70% rF‑Anomalie
- Tag 30: Reproduzierbarer Kapazitäts‑Shift bei ~70% rF — kurzer Check vor Veröffentlichung
- Tag 31 — Der 70%-Shift wiederholt sich (Passau, unter dem Vordach)
Viele Grüße aus Passau,
Mika von Donau2Space